Soweit heute bekannt, besteht eine
enge Wechselwirkung zwischen Pflanzen und Menschen bzw. zwischen Pflanzen,
Tieren und anderen Pflanzen. Diese Wechselwirkungen sind nur zur einem kleinen
Teil bekannt.
Grundmechanismen sind:
Pflanzen reagieren auf Fraßfeinde,
indem sie Abwehrstoffe entwickeln. Pflanzen haben einen evolutiven Nachteil,
sie sind an ihren Standort gebunden. Um eine Verbreitung ihrer Art zu
gewährleisten benutzen sie häufig Tiere um ihre Keimlinge über größere
Entfernungen zu transportieren. Diese Transportvehikel kennen wir als Obst,
Nüsse und Früchte.
Pflanzen haben ebenso sehr wirksame
Mechanismen entwickelt, um sich vor Fraßfeinden zu schützen. Es handelt sich
im Allgemeinen
um sekundäre Pflanzenstoffe mit ganz unterschiedlichen Wirkungen auf den
Organismus des Pflanzenfressers. Die pflanzenverzehrenden Tiere haben im
Gegenzug Strategien entwickelt, um die Pflanzen trotzdem genießen zu können.
Hierzu zählen entgiftende Enzymsysteme und schrittweises Vorgehen beim Essen um
die Giftbildung bzw. dessen Verteilung in der Futterpflanze zu verhindern.
Der Mensch hat zusätzlich Methoden
entwickelt, die wir im Tierreich nicht finden. Als Wichtigstes ist dabei der Garvorgang durch braten, kochen und backen zu nennen.
Auch die Kombination verschiedener Pflanzen bzw. von Pflanzen und tierischen
Bestandteilen steigern die Bekömmlichkeit. Bei Lebensmitteln wie Brot oder bei der Bierzubereitung
werden enzymatische Veränderungen durch Mikroorganismen (Hefen) benutzt, um das
Lebensmittel genießbarer zu machen.
Daneben verfügt der menschliche
Körper über ein ganzes Arsenal von verschiedenen Entgiftungsmaßnahmen.
Beispielsweise passt sich der Körper an die Aufnahme von Tanninen an. Diese
pflanzlichen Stoffe hemmen normalerweise Verdauungsenzyme, bilden relativ
unverdauliche Komplexe mit Nahrungsproteinen, hemmen die Mikrobenflora und
können auch direkt im Verdauungstrakt an die Darmwände binden und somit die
Aufnahme von Nährstoffen verhindern.
Beim Menschen ist eine Anpassungsreaktion bei wiederholter
und geringer Tanninzufuhr festzustellen. Der menschliche Körper reagiert dann
mit der vermehrten Bildung von prolinreichen Proteinen, die über die
Ohrspeicheldrüsen ausgeschieden werden. Diese Proteine neutralisieren Tannine
und ermöglichen es beispielsweise, dass in Afrika und Indien
Hirsesorten mit hohem
Tanningehalt unbeschadet als Nahrung genossen werden können.
Mit dieser Fähigkeit zur
Neutralisierung von Tanninen ist auch die Vorliebe mancher Menschen für
tanninreiche Rotweinezu erklären.
So findet in der Evolution eine
permanente Auseinandersetzung und Wechselwirkung zwischen Pflanzen und Tieren
statt. Wieder zeigt sich, dass eine unkritische Veränderung der Nahrungszusammensetzung
oder Zubereitungsmethoden Anpassungsreaktionen des Körpers erzwingt oder auch
im Extremfall den menschlichen Organismus schädigen kann.
©K. Seubert 2002