Der ß-Carotin -Flop

 

Es ist seit langer Zeit bekannt, dass für eine stabile Gesundheit eine ausgewogene Nährstoffzufuhr notwendig ist. Der gelbe bis rote Farbton vieler Pflanzen, Blüten und Früchte wird durch Carotinoide hervorgerufen. Es handelt sich dabei nicht um eine Substanz, wie bei Vitaminpräparaten durch die Gabe von ß-Karotin suggeriert wird, sondern um über 500 verschiedene Substanzen, die unter der Überschrift Carotinoide zusammengefasst werden. Jedes dieser Carotinoide hat eine andere biologische Wirkungsstärke und Funktion. Dabei ist bei vielen bis jetzt nicht klar, welche Aufgabe sie in welchem Organismus erfüllen.

 

Entsprechend enttäuschend waren Studienergebnisse, als versucht wurde, günstige Effekte des Nahrungsergänzungsmittels ß-Karotin zu beweisen.

 

Die so genannte Physicians’ Health Study ergab, dass ß-Karotin, das 22 000 Ärzte in USA 12 Jahre lang eingenommen hatten, weder eine Wirkung gegen Krebs, gegen Herzinfarkt oder irgendeine andere Krankheit entfaltete.

 

In der kürzlich veröffentlichten „Heart Protection Study“ hat eine Gabe von Vitamin C und E in Verbindung mit ß-Karotin keinerlei Einfluss auf die Häufigkeit von Herzinfarkten oder Schlaganfällen.

 

In einer anderen Untersuchung mit 650 über 60-jährigen Patienten hatte 200 mg Vitamin E oder ein Vitamin- Mineralstoff-Mischpräparat keinerlei Einfluss auf die Erkrankungshäufigkeit und –schwere von Erkältungskrankheiten. Trat eine Atemwegsinfektion auf, so dauerte sie unter Vitamin E länger (19 gegen 14 Tage) und es trat häufiger Fieber auf  (52% gegen 41%). Die Gabe von Vitamin E scheint also bei Personen über 60 Jahren in Bezug auf Erkältungskrankheiten von Nachteil zu sein.

 

In der so genannten Finnlandstudie erhielten 30 000 Männer bis zu 8 Jahre lang Vitamin E, ß-Karotin oder ein Scheinmedikament.

Ergebnis: Vitamin E hatte keinerlei Wirkung. Bei ß-Karotin nahm die Lungenkrebsrate bei Rauchern ab dem 18. Einnahmemonat kontinuierlich zu, was zum Abbruch der Studie führte.

 

Eine ähnliche Untersuchung wurde mit 18 000 Patienten mit einer Kombination von Vitamin A und ß-Karotin durchgeführt. Raucher und Teilnehmer, die mit Asbestfasern in Kontakt gekommen waren, starben häufiger an Lungenkrebs als solche, die keine zusätzlichen Vitaminpillen bekommen hatten.

 

Aus diesem Studien konnte man folgern, dass erniedrigte ß-Karotin Spiegel im Blut von Rauchern unter Umständen für diese sogar ein Schutzfaktor sein könnten.

 

Fazit: 

Die Rechnung „ viel hilft viel“ geht offensichtlich bei den Antioxidanzien nicht auf. Ebenso, wie die Dosis das Gift macht, ist die optimale biologische Funktion offensichtlich von der Dosis abhängig. Dabei ist die optimale Dosis häufig nicht sicher festzulegen. Zusätzlich kann sie individuell von Mensch zu Mensch erheblich schwanken. Auch die chemisch sehr aktiven Radikale erfüllen wichtige Funktionen im Körper und dürfen deshalb nicht einfach neutralisiert werden.

 ©K. Seubert 2002